Europareise 2021

Eine Familie auf Weltreise

In diesem Jahr geht es mit dem Bulli durch Europa.

Das nächste Sabbat(halb)jahr ist angespart, die Kinder abermals für ein Halbjahr beurlaubt. Nur wohin soll es gehen angesichts der epidemischen Lage? In Australien gilt weiterhin Einreiseverbot und ganz abgesehen davon findet Lilo das Fliegen (zu Recht) zu umweltschädlich.
Da sich unsere alltägliche Mobilität auf das Fahrrad beschränkt, haben wir kurzerhand das Auto verkauft, einen gebrauchten VW T5 Camper gekauft und nach und nach für die längere Reise optimiert:
Zuerst musste eine Rückfahrkamera her, weil die Ausmaße des T5 mit langem Radstand doch ziemlich ungewohnt waren. Da das Standardradio natürlich keinen Bildschirm hat, habe ich in dem Zuge gleich auch einen günstigenMoniceiver mit digitalem Radioempfang eingebaut.
Ein etwas langwiegeres Projekt war der Bau der Küche und eines weiteren Auszugs im Heck auf Schwerlastschienen. Der Bausatz für die Trenntoilette dagegen war schnell zusammengebastelt und passt wunderbar zusammen mit den vier Campingstühlen auf den Heckauszug.
Als Nächstes musste ein parallel zum Fahrzeug stehendes Vorzelt gefunden werden, das möglichst nicht zu groß ist (wegen der Packmaße) und mit einem Eingang in Richtung Heck ausgestattet ist (um möglichst einfach zur Küche zu gelangen). Mit ein bisschen Stopfen nimmt es "nur" ein großes Fach der Möbelzeile ein.
Den passenden Kompressorkühlschrank hingegen fanden wir sehr schnell, die Installation war unproblematisch.
Aber die verbaute Versorgungsbatterie war für unsere Belange (Kühlschrank, Tablets, Smartphones, Ebook-Reader, Notebook) deutlich unterdimensioniert und musste durch einen leistungsfähigeren LiFePo4-Akku ersetzt werden. Der wird nun wahlweise über einen zwischengeschalteten Ladebooster von der Lichtmaschine oder im Stand über einen Solarladeregler durch ein faltbares 180 Watt Panel geladen. Der begrenzte Raum unter dem Fahrersitz ist jetzt komplett mit Elektrik vollgestopft.
Das nächste größere Projekt war das Dachzelt. Wir wollten uns auf der Reise das lästige Auf- und Abbauen von Bodenzelten und auch das Herumkriechen und Schlafen auf Höhe der Grasnarbe insbesondere bei schlechtem Wetter ersparen. Da die Lieferzeiten momentan extrem lang sind, haben wir Ende März ein Hartschalenzelt bestellt, das Ende Juni endlich ankam. Um das Zelt zu montieren, haben wir uns für einen Plattformdachträger entschieden, der sehr flexibel genutzt werden kann. Er nimmt zusätzlich noch einen großen Campingtisch in einem praktischen Einschub zwischen Träger und Autodach auf. Außerdem können wir diverse sperrige Gegenstände wie Fahrradhelm, Schlauchboot etc. in einer Alubox unterbringen. Das Ganze wird abgerundet durch einen aufsteckbaren Halter für den Duschsack.
Um im Falle der Entwendung unseres Bullis wenigstens eine kleine Chance zu haben, ihn zurück zu bekommen, sollte ein versteckt eingebauterGPS-Tracker nicht fehlen. Da genügt schon billige China-Ware für 30 Euro plus SIM-Karte mit dem günstigsten Prepaid-Datentarif und ein litauischer Server. Fertig ist die permanente Standortbestimmung unseres Autos. Gut - der Einbau hat eine der unzähligen Sicherungen unter dem Fahrersitz gekostet, aber die war auch irgendwann identifiziert und ersetzt.
Zu guter Letzt mussten noch die alten Eltern-Fahrräder aufgemöbelt werden (die schönen Stahl-Bio-Bikes sind uns denn doch zu schade), Petra hat die Vorhänge in Bezug auf Mückenschutz und Laufeigenschaft optimiert und ich habe alle relevanten Sygic- und Osmand-Karten, die park4night-App und ein halbes Dutzend Wörterbücher auf die Endgeräte geladen. Die Schulbücher der Kinder waren bereits in endlosen Sessions am Kopierer eingescannt worden.

—— Snip ——

Tim hat hier sehr neutral berichtet. Doch hinter den ganzen Um- und Einbauten versteckt sich eine Menge Arbeit und Verzweiflung. Dass neu erworbene Dinge von Tim zunächst auseinander geschraubt werden, ist Normalität, daher schockte es nicht so sehr, dass Tim für die Rückfahrkamera gefühlt alle verfügbaren Verkleidungen abgebaut hat.
Während ich den Bau der Heckauszüge als langwierig aber einigermaßen von uns durchdacht empfand (einziges echtes Problem waren die geschlossenen Baumärkte), verbauten wir bei der Trenntoilette ein Teil falsch, so dass wir nachts noch im Keller nach Möglichkeiten der Deckelanbringung suchen mussten (auch wegen der fehlenden Baumarkteinkaufsmöglichkeit).
Wie oft wir den Fahrersitz abgeschraubt haben, um an die dort liegende Elektrik zu kommen, weiß ich nicht mehr, gefühlt mindestens einmal täglich. Mit dem Ziel, in das kleine Fach noch mehr hinein zu stopfen, also schnell die Batteriehalterung weggeflext (bewegen kann sich da nichts mehr), weitere Kabel mit lustigen blauen Kisten verbunden, undefinierbare Kabel auch noch irgendwo angeschlossen, ein Schalter noch dazu und noch schnell eine Sicherung durchballern, nur welche?
Das Dachzelt hatte ziemlich lange auf sich warten lassen und als es kam, musste es nur noch auf dem Dach befestigt werden.
Dumm, dass dazu der massive robuste Dachträger wieder runter vom Dach musste, dümmer, dass Dachträger und Dachzelt zusammen auf das Dach mussten, ganz dumm, dass wir dann feststellten, dass das Zelt besser vorne auf dem Träger angebracht werden sollte. Also noch einmal das ganze Prozedere.